Hans-Dieter Porn hat eine Entscheidung getroffen. Eine richtungsweisende Entscheidung für die Landwirtschaft, für den Hof seiner Eltern, für ein Leben, das kaum einen Feierabend kennt. Der 31-Jährige ist einer von 15 Jungbauern und elf Agrarbetriebswirten aus dem Kreis Wesel, die jetzt das Ende ihrer Lehrzeit feiern konnten und ihre Urkunden erhielten. Porns Alter lässt es schon vermuten: Den Jungbauern hat der berufliche Weg nicht unmittelbar in die Stallungen des Familienanwesens am Rande Neukirchen-Vluyns geführt.

„Ich habe Landmaschinenmechaniker gelernt“, erklärt Hans-Dieter Porn. „Wer weiß, was wird“, habe sein Vater gesagt, als der junge Spross seinerzeit nach der Schule die Weichen für seine Zukunft stellen musste. Also absolvierte er zunächst die Ausbildung in diesem Bereich, arbeitete fleißig und legte 2005 noch die Meisterprüfung drauf. Derweil führten seine Eltern den Hof, und Hans-Dieter packte nach Feierabend und an den Wochenenden mit an – wie es üblich ist auf vielen Höfen in Familienhand.

„Irgendwann wird er das machen“

Die Jahre vergingen – und „ich bin auch irgendwann an meine Grenzen gestoßen“, erinnert sich der Landwirt. Das Jahr 2010 markierte die Wende. Der Familienrat tagte, der Beschluss nahm konkrete Formen an. „Ich habe von vorneherein gedacht, dass er das irgendwann machen wird“, sagt Anne Porn. Die 30-Jährige ist seit 13 Jahren mit ihrem Hans-Dieter zusammen, im vergangenen Jahr haben die beiden geheiratet. Angedeutet hatte sich die Richtung schon zwei Jahre zuvor, als die Porns den neuen Melkstand gebaut haben. „Wir mussten etwas machen“, erklärt der Landwirt und schaut glücklich zum kleinen Henrik, der leise brabbelnd in seiner Wiege liegt. Die nächste Bauerngeneration? Da mag sich der Papa nicht festlegen, obwohl er seinem Sohn auch schon mal einen Bobbytrecker gekauft hat. Gleichwohl weiß er, dass das Umfeld prägend ist. „Da musst Du reingeboren werden“, betont er mit Blick auf seine Berufswahl. Ansonsten würde man vieles vielleicht nicht so gerne machen. Insbesondere nicht in den Sommermonaten in die Ernte zu gehen, statt in den Urlaub zu fahren. Ein Urlaub bei den Porns dauert selten länger als fünf Tage, und wenn, dann verreisen sie im Frühjahr oder im Herbst.

„Bis vor anderthalb Jahren hatten wir nur 25 bis 30 Kühe“, sagt Porn. Aber damit kommt man heute nicht weiter, so viel wird deutlich. Mittlerweile hat Vater Dieter Porn 50 bis 60 Milchkühe, weitere etwa 40 Tiere kalben oder warten darauf, dass sie im Milchbetrieb einsatzfähig sind. Eben diese Schwerpunktsetzung ist es auch, die Hans-Dieter Porn als unumgänglich erachtet, wenn man auf dem Markt überleben will. Aber: „100 Tiere sind die Grenze für einen Familienbetrieb“, sagt er auch. Die Arbeit muss schließlich bewältigt werden können.

Zwar spart die Familie durch den neuen Melkstand eine Menge Zeit. Nach alter Methode würden sie rund zweieinhalb Stunden für eine Runde brauchen, heute sind alle Milchkühe nach einer Stunde fertig mit der Milchabgabe. Allerdings: Wenn der Tankwagen kommt, um die Milch abzuholen, muss Hans-Dieter Porn um sechs Uhr mit der Melkerei beginnen. Gemütlich ausschlafen geht nicht. Abends kommen die Tiere gegen 18 Uhr wieder an die Anlage. Um 21 Uhr wird der Feierabend eingeläutet – bis morgens in aller Früh wieder der Wecker klingelt.

Milch kommt nicht aus Tetrapak

„Ich würde alles wieder so machen“, bekräftigt Hans-Dieter Porn. Der 31-Jährige und seine Familie haben im Übrigen auch häufig Gäste auf dem Hof. Seine Mutter erklärt Kindern in Gruppen oder auf Geburtstagen gerne die Landwirtschaft. Offenbar gibt es auch auf dem Land Kinder, die glauben, die Milch käme aus dem Tetrapak – da möchten die Porns Aufklärung leisten. Hans-Dieter ist mit Leib und Seele Landwirt – auch wenn die Bürokratie mittlerweile bis zu zwei Stunden seines Tages ausfüllt.

Quelle: NRZ, 19.01.2013, Sonja Volkmann

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